206. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 11. November 2016
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, mit dem Gesetz heute leisten wir einen wichtigen Beitrag für die Akzeptanz der Europäischen Union. Das Parlament hat sich mit diesem Gesetzesvorschlag sehr schnell und in pragmatischer Weise auseinandergesetzt. Vor genau drei Wochen haben wir ihn hier das erste Mal debattiert. Am Montag fand die Anhörung statt. Sie hat ein sehr differenziertes Bild gezeichnet. Es gab Sachverständige, Frau Zimmermann, die durchaus einen Hintergrund hatten, der eher bei Ihnen war, die den Gesetzentwurf als nicht verfassungsgemäß und nicht europarechtskonform bezeichnet haben. Dann gab es aber auch Sachverständige – das gehört zur kompletten Wahrheit dazu –, wie ein Dr. Groth und Herr Dollinger, zwei ehrenwerte Persönlichkeiten, die gesagt haben: Das Gesetz ist verfassungsgemäß, es ist europarechtskonform. – Deshalb bringen wir das auf den Weg, und es ist auch gut so, dass wir das so tun.
Wir verfolgen damit drei Ziele. Das erste ist: Wir wollen unser Sozialsystem vor Missbrauch schützen. Es geht darum, dass wir die Kommunen entlasten, die derzeit keine Rechtssicherheit haben und auf die gerade in Ballungsgebieten hohe Kosten zukämen. Auch der Bund, insbesondere mein Kollege Jens Spahn, freut sich darüber, dass er Ausgaben in Zukunft klarer planen kann. Zweitens regeln wir damit, dass der Grundsatz »Fordern und Fördern« gilt. Nach fünf Jahren Aufenthalt hier gibt es einen Leistungsanspruch. Dies entspricht dem Grundsatz »Fordern und Fördern«. Das ist eine wichtige und klare Regelung, mit der wir Transparenz und Sicherheit schaffen. Sie schreiben in Ihrem Entschließungsantrag ja auch, durch die Gerichtsurteile seien wir dazu verpflichtet. Wir schaffen sie anders, als Sie sich das vorstellen, aber aus unserer Sicht absolut nachvollziehbar. Drittens. Mit diesem Gesetz haben wir für die aufstockenden Leistungen noch keine abschließende »glückliche« Regelung, weil wir sie vermutlich noch nicht europarechtskonform hinbekommen haben. Deswegen hat mein Kollege Matthias Zimmer den Sprecher für Angelegenheiten der Europäischen Union, Michael Stübgen, immer wieder darauf hingewiesen, dass wir natürlich auch darüber diskutieren müssen, wie es uns gelingt, über die aufstockenden Leistungen bei sehr geringfügiger Beschäftigung oder Selbstständigkeit weiter in den Genuss von Sozialleistungen zu kommen. Wir müssen gucken, ob wir das im nationalen Recht vernünftig lösen können. Das ist eine Herausforderung, die wir aus dieser Gesetzgebung mitnehmen müssen.
Im Großen und Ganzen zeigt sich, dass wir die Punkte aus der Anhörung pragmatisch, sehr schnell und zielstrebig in den Gesetzestext aufgenommen haben und damit das Gesetzgebungsverfahren heute abschließen können. Die Sachverständigen, beispielsweise der BDA, aber auch der Agentur für Arbeit, haben deutlich gemacht, dass die Freizügigkeit, der positive Weg nach Deutschland, damit nicht eingeschränkt wird. Der Vorschlag, den wir heute unterbreiten, ist sehr ausgewogen. Vielleicht entscheidet sich die Opposition ja doch, mitzustimmen. Das wäre ein guter Beitrag dazu, die Europäische Union ein Stück sozialer und gerechter zu machen. Vielen Dank.
Empfehlen Sie uns!