215. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 26. Januar 2017
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ein hochemotionales, sensibles Thema, über das wir heute hier im Deutschen Bundestag diskutieren. Es ist auch ein sehr aktuelles Thema, weil wir in den politischen Debatten immer wieder darüber diskutieren: Was tun wir für die Einheimischen, die obdachlos sind, und was tun wir für diejenigen, die neu in unser Land gekommen sind? Dieses Thema berührt einen selbst, wenn man immer wieder Erfahrungen gesammelt hat und in Einrichtungen war, wo Menschen sind, die keine eigene Wohnung mehr haben, die obdachlos sind. Wenn man diese Einrichtungen besucht und mit denen, die direkt betroffen sind, ins Gespräch kommt, dann sieht man, dass es einfache politische Antworten für ihre Problemstellungen nicht gibt. Wir haben die Zahlen gehört: 335.000Menschen in Deutschland haben keine eigene Wohnung; 39.000 von ihnen gelten als obdachlos. Die Zahl derer, die keine eigene Wohnung haben, steigt bis 2018 wahrscheinlich bis auf 500.000. Auch die Zahl derer, die dann obdachlos sein werden, wird wahrscheinlich steigen. Das macht betroffen; das will ich an dieser Stelle für die CDU/CSU-Fraktion ganz deutlich sagen.
Ich habe in den letzten Jahren die Kältehilfe bei mir am Bahnhofsplatz besucht, ich war bei der Bahnhofsmission am Zoologischen Garten in Berlin, und ich habe eine Einrichtung von MUT besucht, dem Träger, der sich um Obdachlose und deren Zahnhygiene kümmert. Wenn man sieht, wie viele Träger in diesem Bereich tätig sind, auch hier in Berlin, dann können wir auf der einen Seite stolz auf das sein, was geleistet wird. Auf der anderen Seite müssen wir aber feststellen, dass sich dieses Thema nicht dafür eignet, parteipolitische Kontroversen auszutragen oder es zu nutzen, um es mit anderen Debatten zu vermischen.
Herr Birkwald, Sie und mich verbindet, dass wir beide in der Senatsverwaltung für Soziales in Berlin gearbeitet haben, sogar in sehr ähnlicher Funktion; wir waren beide in Leitungsfunktionen. Gerade dieses Thema war in Berlin nie Gegenstand einer parteipolitischen Diskussion, sondern es ging immer darum, den Betroffenen zu helfen. Den Betroffenen hilft man eben nicht, indem man hier vorne große Reden hält, sondern indem man sich ganz individuell ihrer Probleme annimmt.
Wenn wir uns mit den Betroffenen unterhalten – das wissen auch Sie, Herr Birkwald, aus Ihren eigenen Erfahrungen; viele Kollegen über alle Fraktionsgrenzen hinweg waren ja in solchen Einrichtungen –, stellen wir fest: Es handelt sich oft um individuelle Probleme, um unterschiedliche Lebenslagen, um Situationen, in denen eins zum anderen gekommen ist, was dazu geführt hat, dass sie den Weg aus den Augen verloren haben und der eine oder andere in der Konsequenz seine eigene Wohnung verloren hat. Das hat etwas mit Trennung, Scheidung, Schicksalsschlägen und vielen anderen Ereignissen zu tun, mit Ereignissen jedenfalls, mit denen man persönlich nur schwer umgehen kann. Jetzt müssen wir uns fragen, wie wir diesen Menschen, ohne das parteipolitisch zu transportieren, wirklich vernünftig helfen können. Ich will ganz offen sagen: Ich hege durchaus Sympathie dafür, eine bundesweite Statistik einzuführen.
Ich habe aber auch die Argumente zur Kenntnis genommen, die vom Bundesministerium vorgetragen wurden und mit denen deutlich gemacht worden ist, warum jetzt die Schritte in Richtung auf die Machbarkeitsstudie eingeleitet werden. Es gibt Probleme, weil diese Personen nicht so leicht zu erfassen sind, da sie sehr mobil sind und oft von Ort zu Ort ziehen. Es sind Personen mit anderen Lebenswegen, die auch unterschiedliche persönliche Wege gehen. Den vorliegenden Antrag lehnen wir heute ab. Wir haben das Ziel, in diesem Bereich, auch was die Statistik aber gut und wichtig, dass wir als Deutscher Bundestag das Zeichen setzen, dass wir uns intensiv um diejenigen kümmern, die in Deutschland eine Wohnung suchen. Dazu gehört zum Teil der soziale Wohnungsbau – das ist richtig –, aber eben nicht nur, sondern wir müssen uns den Themen der Menschen individuell nähern und ihnen so helfen. Das wollen wir als CDU/CSU-Fraktion in Zukunft weiterhin tun. Vielen Dank.
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