Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz

Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz
06.11.2014

63. Sit­zung des Deut­schen Bun­des­ta­ges vom 6. Novem­ber 2014

Sehr geehr­ter Herr Prä­si­dent! Sehr geehr­te Damen und Her­ren! Wir novel­lie­ren das Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz, weil wir dazu den Auf­trag des Bundesverfas­sungsgerichtes haben und weil wir auf die Herausforde­rungen in der Welt, die uns in Deutsch­land betref­fen, reagie­ren. Die­ses Jahr wer­den über 200.000 Flücht­lin­ge nach Deutsch­land kom­men. Allei­ne von Janu­ar bis Sep­tember die­ses Jah­res waren es 163.000 Men­schen, die hier einen ent­spre­chen­den Antrag gestellt haben. Wir er­leben, dass die Kon­flik­te, die es im Irak, in Syri­en, im Nahen Osten im All­ge­mei­nen und in den ehe­ma­li­gen Repu­bli­ken der Sowjet­uni­on gibt, natür­li­ch auch Aus­wirkungen auf die Poli­tik hier in Deutsch­land haben. Des­we­gen ist es rich­tig und wich­tig, dass wir die­ses Ge­setz novel­lie­ren und deut­li­che Ver­bes­se­run­gen beschlie­ßen.

Aus mei­ner Sicht sind vor allen Din­gen drei Punk­te von Bedeu­tung – vie­les wur­de ja schon ange­spro­chen –, auf die ich als letz­ter Red­ner ein­ge­hen möch­te und die mir mit Bli­ck auf die­se Geset­zes­in­itia­ti­ve beson­ders wich­tig sind, da wir den Betrof­fe­nen dadurch, wie ich glau­be, hel­fen. Ers­tens. Im Hin­bli­ck auf das Bil­dungs- und Teilhabe­paket beschlie­ßen wir, dass es eine ver­bind­li­che Unter­stützung der Kin­der von Flücht­lin­gen geben wird. Vor­her war das eine Ent­schei­dung, die von den Län­dern teil­wei­se unter­stützt wur­de. Jetzt gibt es einen Rechtsan­spruch dar­auf. Das stärkt die Inte­gra­ti­on im loka­len Raum. Des­we­gen fin­de ich per­sön­li­ch, dass das eine wich­ti­ge und gute Sache ist. Zwei­tens. Wir ver­kür­zen die Dau­er der Vor­läu­fig­keit auf 15 Mona­te. Auch hier ist es wich­tig, den Über­gang zu orga­ni­sie­ren. Des­we­gen ist es gut, dass wir die Dau­er der Vor­läu­fig­keit deut­li­ch redu­zie­ren und auf 15 Mona­te fest­le­gen. Auch der drit­te Punkt ist wich­tig, gera­de für uns als christ­li­che Par­tei – es wur­de schon ange­spro­chen, dass für uns die Prin­zi­pi­en Sub­si­dia­ri­tät, Soli­da­ri­tät und Per­sonalität von beson­de­rer Bedeu­tung sind –: Da es auch um Eigen­ver­ant­wor­tung geht, ist es rich­tig, dass wir ei­nen Frei­be­trag fest­le­gen, dass es Frei­gren­zen gibt und dass auch für Flücht­lin­ge die Mög­lich­keit besteht, Geld anzu­spa­ren. Dann kann man näm­li­ch selbst ent­schei­den, wel­che Aus­gaben man tätigt.

Die Fra­ge, die wir in die­ser Dis­kus­si­on andau­ernd hö­ren, lau­tet: Ist es men­schen­wür­dig, wie wir Flücht­lin­ge unter­brin­gen, oder nicht? Da gibt es den Bundesgesetz­geber – das sind wir Abge­ord­ne­te –, der eine Verantwor­tung hat. Da gibt es aber auch Län­der und Kom­mu­n­en, die hier in der Ver­ant­wor­tung ste­hen. Ich war in der letz­ten Woche im Nahen Osten, unter ande­rem in Jor­da­ni­en und Israel, und konn­te sehen, wie Flücht­lin­ge dort unter­ge­bracht wer­den. Allei­ne Jorda­nien, ein Land mit unge­fähr 6 Mil­lio­nen Ein­woh­nern, hat 620.000 Syrer auf­ge­nom­men. Ers­tens kön­nen wir dank­bar sein, dass ein Land wie Jor­da­ni­en Verantwor­tung über­nimmt. Zwei­tens müs­sen wir aber fest­stel­len, dass die Stan­dards dort ande­re sind als bei uns. Das wird klar, wenn man sich die­se Zahl vor Augen führt. Das wird aber auch klar, wenn man weiß, wie die wirtschaft­lichen Ver­hält­nis­se vor Ort sind. Wenn das der Bezugs­punkt ist, dann sieht man, wie viel unse­re Gesell­schaft für die­je­ni­gen leis­tet, die hier Hil­fe suchen. Wir leis­ten auch des­we­gen so viel, weil wir eine his­to­ri­sche Verant­wortung und eine huma­ni­tä­re Ver­ant­wor­tung haben.

Mir per­sön­li­ch ist wich­tig – das habe ich bereits ange­sprochen –, dass wir als Gesetz­ge­ber nicht nur einen men­schen­wür­di­gen Rah­men fest­set­zen, son­dern dass wir auch die gesam­te Gesell­schaft und die Zivil­ge­sell­schaft zur Unter­stüt­zung ermu­ti­gen. In mei­nem Wahl­kreis Lich­ten­berg im Ber­li­ner Nor­den ist es gelun­gen, mit der Zivil­ge­sell­schaft ordent­li­ch und ver­nünf­tig zusammen­zuarbeiten und dafür zu sor­gen bzw. zu wer­ben, dass es auch zu einer Betei­li­gung vor Ort kommt. So gibt es bei­spielsweise Deutsch­kur­se, die von Men­schen im Ren­tenalter gelei­tet wer­den, die dadurch die Kom­pe­ten­zen, die sie erwor­ben haben, wei­ter­ge­ben. Wir brau­chen eine star­ke Zivil­ge­sell­schaft und Aner­kennung dafür, dass es uns gelingt, Flücht­lin­ge vernünf­tig zu inte­grie­ren. Ich bei­spiels­wei­se samm­le immer zu Weih­nach­ten mit einem Ein­zel­händ­ler vor Ort Ge­schenke für Flücht­lings­kin­der; das wer­de ich auch die­ses Jahr machen. Jeder kann einen Bei­trag dazu leis­ten, dass es in unse­rem Land in sozia­ler Hin­sicht bes­ser zugeht. Auch mit die­sem Gesetz­ent­wurf leis­ten wir als Bundes­tagsabgeordnete dazu einen ver­nünf­ti­gen Bei­trag. Vie­len Dank.