Betrieb­li­che Inter­es­sen­ver­tre­tung

Betrieb­li­che Inter­es­sen­ver­tre­tung
01.12.2016

206. Sit­zung des Deut­schen Bun­des­ta­ges vom 1. Dezem­ber 2016

Sehr geehr­ter Herr Prä­si­dent! Sehr geehr­te Damen und Her­ren! Die Debat­te heu­te zeigt, dass es gut ist, dass es Anträ­ge der Lin­ken und von Bündnis90/Die Grü­nen gibt. So kön­nen wir an die­ser Stel­le über betrieb­li­che Mitbe­stimmung, über betrieb­li­che Inter­es­sens­ver­tre­tung disku­tieren und uns noch ein­mal ver­ge­wis­sern, wer eigent­li­ch die Grund­la­ge dafür gelegt hat, dass sol­che Wer­te in der sozia­len Markt­wirt­schaft nach 1949 eine bedeu­ten­de und ent­schei­den­de Rol­le gespielt haben. Die Wur­zeln die­ser Über­zeu­gung stam­men aus der katho­li­schen Sozi­al­leh­re. Unter­schied­li­che Inter­es­sen wer­den ausgeglichen.Es gibt die Säu­le der Soli­da­ri­tät – die­se Säu­le ist bei Ihnen ver­meint­li­ch beson­ders stark aus­ge­prägt –, die Säu­le der Men­schen­wür­de, der Per­so­na­li­tät, aber auch die Säu­le der Sub­si­dia­ri­tät und der Eigen­ver­ant­wor­tung. Wenn es um betrieb­li­che Mit­be­stim­mung und Betriebs­rä­te geht, dann geht es auch immer um Eigen­ver­ant­wor­tung und Sub­si­dia­ri­tät.

Die­ses The­ma ist uns wich­tig. Es geht auch dar­um, die sozia­le Markt­wirt­schaft stän­dig wei­ter­zu­ent­wi­ckeln und unse­re Wett­be­werbs­fä­hig­keit im glo­ba­len Wettbe­werb zu erhal­ten und – am bes­ten natür­li­ch – auszubau­en. In einer moder­nen Welt, in der – Herr Pasch­ke hat es ange­spro­chen – die Digi­ta­li­sie­rung, die Arbeits­welt 4.0, das Berufs­le­ben, die Berufs­fel­der und die Art und Wei­se, wie gear­bei­tet wird, kom­plett ver­än­dern wird, wird es auch dar­um gehen, moder­ne For­men abzu­bil­den, nicht nur durch recht­li­che Gege­ben­hei­ten, son­dern auch durch gesell­schaft­li­che Dis­kus­sio­nen. So sind die Ein­zel­fäl­le, die hier genannt wur­den, dif­fe­ren­ziert zu bewer­ten. Letzt­end­li­ch ist es Auf­trag für den Gesetz­ge­ber, fest­zu­stel­len, ob er han­deln muss oder nicht. Mein Kol­le­ge Wil­fried Oel­lers hat ja deut­li­ch ge­macht, wel­che Vor­la­gen Sie machen und wel­che Initia­tiven Sie in Ihren Anträ­gen for­mu­lie­ren. Wir hat­ten die Mög­lich­keit, fast zwei Jah­re dar­über zu dis­ku­tie­ren. Es gab auch eine Anhö­rung zu die­sem The­ma. Wenn man sich noch ein­mal in die Pro­to­kol­le ein­ar­bei­tet und sich damit beschäf­tigt, dann wird auch dort sicht­bar, dass es eben nicht nur eine Auf­fas­sung dazu gab, son­dern sich durch­aus ein dif­fe­ren­zier­tes Bild gezeigt hat.

Sie von Bündnis90/Die Grü­nen schrei­ben in Ihrem Antrag, dass wir durch unse­re Form der Mit­be­stim­mung sehr erfolg­reich durch die Wirt­schafts- und Finanz­kri­se gekom­men sind. Wir erle­ben auf der ande­ren Sei­te die Ent­wick­lung, dass die Zahl der Betriebs­rä­te abnimmt. In cir­ca 40 Pro­zent der Unter­neh­men im Wes­ten gibt es einen; im Osten ist die Zahl deut­li­ch nied­ri­ger. Man muss auch hier wie­der fest­hal­ten: In Unter­neh­men, in denen es einen Betriebs­rat gibt, gibt es nicht unbe­dingt weni­ger Pro­ble­me als in Un­ternehmen, in denen es kei­nen gibt. Aber wenn in einem Unter­neh­men Pro­ble­me ent­ste­hen, kann ein Betriebs­rat natür­li­ch auch für die Arbeit­neh­mer sehr hilf­reich sein, um die unter­schied­li­chen Inter­es­sen ver­nünf­tig auszu­gleichen. Das, was wir in der Dis­kus­si­on hier, aber auch in den Aus­schuss­sit­zun­gen und in der Anhö­rung bis­her an Ar­gumenten gehört haben, hat dazu geführt, dass bei uns die Über­zeu­gung ent­stan­den ist, dass wir beim Interes­sensausgleich nicht han­deln müs­sen, son­dern dass sich die Mit­be­stim­mung in der Form, wie sie bis­her gege­ben ist, bewährt hat.

Es gibt im Antrag der Lin­ken eini­ge Punk­te, die wir sehr deut­li­ch ableh­nen: das ver­ein­fach­te Wahl­ver­fah­ren, das Sie beschrie­ben haben, die Aus­wei­tung von Strafgel­dern – Wil­fried Oel­lers hat das schon ange­spro­chen; es ist ein grund­sätz­li­cher Reflex bei Ihnen, immer dann Stra­fen erhö­hen zu wol­len, wenn Fehl­ver­hal­ten vor­liegt– und auch die Aus­wei­tung des Kün­di­gungs­schut­zes. Das führt dazu, dass wir Ihrem Antrag nicht zustim­men kön­nen. Ich kom­me zum Antrag von Bündnis90/Die Grü­nen­Sie lis­ten sie­ben Punk­te auf. Ich möch­te exem­pla­ri­sch auf Punkt Num­mer 4 ein­ge­hen, bei dem es dar­um geht, wer die zu schüt­zen­den Per­so­nen sind. Bei die­sem Punkt kön­nen wir nicht mit Ihnen gehen, genauso wenig wie bei Punkt 7, mit dem Sie die Fra­ge der Behin­de­rung und Ver­hin­de­rung von Betriebs­rats­wah­len regeln wol­len. So ist am Ende unse­re Über­zeu­gung, dass sich die Mit­be­stim­mung in der jet­zi­gen Form bewährt hat, dass wir den Anträ­gen der Oppo­si­ti­on nicht zustim­men kön­nen und dass wir uns wei­ter dafür ein­set­zen wer­den, dass wir einen star­ken Arbeits­markt haben, weil wir damit die größ­ten gesell­schaft­li­chen Wir­kun­gen erzie­len kön­nen. Vie­len Dank.